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Vitamin B9 - Folsäure auch Pteroylglutaminsäure

  • Tagesbedarf eines Erwachsenen nach der DGE: 0,16–0,40 mg
  • Wirkungen: gut für die Haut
  • Vorkommen: Leber, Weizenkeime, Kürbis
  • Mangelerscheinungen (Beispiel): perniziöse Anämie, Missbildungen bei Ungeborenen

Die Folsäure (lat. folium „Blatt“, wegen des Vorkommens in grünen Pflanzenblättern) (die synthetische Form des B-Vitamins, mit einem Monoglutamat, siehe Bild mit n = 1), auch: Vitamin B9, Vitamin M, Vitamin B11 (ungebräuchlich) oder Folat (die Summe der folatwirksamen Verbindungen, also: sowohl mit einem Mono- oder mehreren Glutamatresten angehängt Polyglutamate), ist ein 1941 entdecktes, hitze- und lichtempfindliches Vitamin aus dem B-Komplex. Es setzt sich chemisch zusammen aus einem Pteridin-Derivat, para-Aminobenzoesäure und L-Glutaminsäure.

Aufnahme und Speicherung von Vitamin B9

Folsäure ist für den menschlichen Organismus essenziell und kann von ihm selbst nicht hergestellt werden. Deshalb muss Folsäure mit der Nahrung aufgenommen werden. Um zunächst in das Zellinnere zu gelangen, angefangen mit den Darm-Mucosa-Zellen, ist das Folsäuremolekül auf die Anwesenheit des Transportproteins protonengekoppelter Folattransporter angewiesen, der ebenfalls für den Export in die Blutbahn zuständig ist. THF und 5-Derivate des THF benutzen den Folattransporter 1 für den Import, auch und besonders im Darm. Folat, Dihydrofolsäure (DHF) und THF können in die Mitochondrien mittels des mitochondrialen Folattransporters wechseln.

Folat und seine Derivate werden durch Bindung an Polyglutamat im Zytosol und den Mitochondrien der Zellen gespeichert. Nur so können viele der kohlenstoffübertragenden Reaktionen stattfinden. Für die Bindung insbesondere von DHF und THF wird das Enzym Folylpolyglutamat-Synthetase benötigt.

Physiologischer Bedarf von Vitamin B9

Die empfohlene Tagesdosis nach RDA beträgt 200 µg. Die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (1. Auflage 2015 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.) empfehlen eine tägliche Aufnahme von 300 µg Folsäure (Frauen mit Kinderwunsch perikonzeptionell 550 µg). Mit Blick auf die zusätzliche Vorbeugung gegen Atherosklerose wurden früher 600 µg für gesunde Erwachsene, 800 µg für Schwangere und für stillende Mütter empfohlen. Die Zufuhr von mehr als 1.000 µg Folsäure täglich hat keinen zusätzlichen gesundheitlichen Effekt und führt lediglich zu einem Kreislauf von nicht umsetzbarer Folsäure im Körper. Ursache hierfür ist die außerordentlich begrenzte Aktivität der so genannten Dihydrofolatreduktase (DHFR) und ihrer damit verbundenen raschen Sättigung. Dieses in der Leber vorkommende Enzym hilft, die zugeführte Folsäure in eine für den menschlichen Organismus nutzbare Form (Tetrahydrofolsäure) umzuwandeln. Nach Verabreichung größerer Mengen Folsäure werden diese zum Großteil unverändert als Pteroylmonoglutamat über den Urin ausgeschieden. Die Risiken einer Überversorgung mit Folsäure werden inzwischen allerdings kritisch betrachtet. So kann ein Überschuss von Folsäure einen Vitamin-B12-Mangel verdecken, aus dem eine Schädigung des Nervensystems folgen kann.

Folsäure-Mangel und Fehlbildungen

Ein Folsäuremangel im menschlichen Körper wirkt sich auf das Blutbild aus, indem er zu einer hyperchromen makrozytären Anämie führen kann. Der Mensch kann maximal 12 bis 15 mg Folsäure speichern; dies entspricht einem Vorrat für drei bis vier Monate. Im Normalfall enthält das Blutserum 5 bis 20 μg/L, die Erythrozyten zwischen 160 und 640 μg/L des Vitamins. Bei einem Mangel fällt der Serumspiegel zuerst ab, weshalb dieser meist über Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC) oder über Chemolumineszenz bestimmt wird. Sehr oft tritt ein Folsäuremangel als Folge von erhöhtem Alkoholkonsum, Erkrankungen des Dünndarms oder Lebererkrankungen auf. Bei Frauen ist der Folsäurebedarf bei Einnahme von empfängnisverhütenden Mitteln sowie innerhalb der Schwangerschaft erhöht.

In der Embryonalentwicklung begünstigt ein Folsäuremangel die Entstehung von Neuralrohrdefekten wie eine Spina bifida oder Anenzephalie.  Er soll außerdem Einfluss auf eine Frühgeburtlichkeit haben und scheint an der Entwicklung von angeborenen Herzfehlern beteiligt zu sein. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 800 Kinder mit einem Neuralrohrdefekt geboren, mithin ist etwa eines von tausend Neugeborenen betroffen; hinzuzurechnen sind wegen Spina bifida abgebrochene Schwangerschaften. Eine ausreichende Folsäureversorgung während der Schwangerschaft scheint darüber hinaus auch im Hinblick auf die Sprachentwicklung des Kindes eine wichtige Rolle zu spielen. Eine prospektive Beobachtungsstudie aus Norwegen zeigt zudem einen Zusammenhang zwischen Folsäuremangel und Autismus, weswegen Folsäure schon beim Wunsch einer Schwangerschaft eingenommen werden sollte.

Folsäuremangel führt zu einer megaloblastären Anämie (hyperchrome makrozytäre Anämie). Die Mitverantwortung der Folsäure an der Zellreifung, -differenzierung und -teilung, insbesondere die der roten und weißen Blutkörperchen und der Schleimhautzellen wird zurzeit in mehreren Universitäten und Forschungslabors untersucht. Bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, beispielsweise der Arteriosklerose, soll ebenfalls auf ausreichende Folsäureversorgung geachtet werden. Der Wert für die Aminosäure Homocystein im Blut gilt als kardiovaskulärer Risikofaktor. Homocystein wird mit Hilfe der Folsäure und Vitamin B12 in Methionin umgewandelt. Die positiven Auswirkungen erhöhter Folsäuregaben – die unter anderem den Homocystein-Spiegel absenken – auf den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind jedoch nicht gut belegt.

Risiken der Überdosierung von Vitamin B9

Daten aus randomisiert-kontrollierten Studien zu Folsäure-Supplementation weisen auf ein erhöhtes Tumorrisiko hin, wenn Folsäure in Kombination mit Vitamin B12 eingenommen wird. Gehäuft treten dabei vor allem bösartige Lungentumoren auf, die auch zur erhöhten Sterblichkeit von Patienten mit Folsäure-Vitamin-B12-Supplementation beitragen. Andere Studien sehen diesen Zusammenhang mit Folsäure nicht, aber dennoch mit Vitamin B12 und ebenfalls Vitamin B6.

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