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Vitamin A - Retinol

  • Tagesbedarf eines Erwachsenen nach der DGE: 0,8–1 mg
  • Wirkungen: Beeinflussung der Sehkraft, Beeinflussung des Zellwachstums, Erneuerung der Haut
  • Vorkommen: Leber, Milchfette, Fisch, als Provitamin in vielen Pflanzen
  • Mangelerscheinungen (Beispiel): selten, siehe Hypovitaminose des Retinol

Funktion

Vitamin A ist wichtig für das Wachstum, Funktion und Aufbau von Haut und Schleimhäuten, Blutkörperchen, Stoffwechsel sowie für den Sehvorgang. Die Verwertung dieses Vitamins im Körper kann durch Leberschäden und die Einnahme von Östrogenpräparaten gestört werden. Neueste Untersuchungen zeigten, dass entgegen der Vermutung selbst durch geringste Mengen Fett in Nahrungsmitteln das Vitamin A vom Körper aufgenommen und verwendet werden kann.

Nervensystem

Retinol erhält gesunde Nervenzellen in den peripheren Nervenbahnen, im Gehirn und im Rückenmark.

Blutkörperchen

Retinol fördert entscheidend die Bildung neuer Erythrozyten und erleichtert den Einbau des Eisens.

Eiweiß-Stoffwechsel

Es ist an der Proteinsynthese und beim Fettstoffwechsel in der Leber beteiligt, so dass eine proteinreiche Nahrung zu einem Vitamin-A-Mangel führen kann. Auch bei erhöhtem Stress erhöht sich der Vitamin-A-Bedarf, da Stress den Proteinbedarf erhöht. Somit steigt der Retinol-Bedarf auch bei schweren Krankheiten wie Arthritis, Aids oder Krebs.

Haut und Schleimhäute

Vitamin A spielt eine zentrale Rolle für die Struktur und Gesundheit dieser Gewebe, da es ein normales Zellwachstum nicht nur der Haut, sondern auch der Wände der Atem-, Verdauungs- und Harnwege gewährleistet. Des Weiteren beugt es DNA-Schäden in Hautzellen vor, trägt zu deren Reparatur bei und normalisiert die Hautfunktionen, beispielsweise gesunde Zellteilung der Keratinozyten (siehe Epidermis).

Knochengerüst

Vitamin A ist an der Ossifikation, der Knochenbildung und Knochenheilung beteiligt. Besonders bei Kindern ist daher eine ausreichende Vitamin-A-Versorgung wichtig.

Embryonales Wachstum

Die Vitamin-A-Säure (All-trans-Retinsäure) bzw. ihr Salz, das Retinat, ist ein wichtiger Wachstumsfaktor für Nervenzellen während der Embryonalentwicklung. Es wird von Zellen des Primitivknotens ausgeschüttet und ist beteiligt an der Ausbildung der Längsachse (Vorn-hinten-Orientierung) des Embryos. Nervenzellen wandern entlang des Konzentrationsgradienten der Retinsäure.

Reproduktion

Retinol ist an der Synthese von Testosteron und Östrogen sowie an der Spermato- und Oogenese beteiligt, außerdem an der Synthese von Retinal, einem Bestandteil von Rhodopsin, dem für die Lichtwahrnehmung in den Fotorezeptoren der Augen zuständigen Protein. Des Weiteren sind die Menge und die Form der Spermien von einer optimalen Versorgung mit Vitamin A abhängig. Über die Wirkungen auf die menschlichen Schleimhäute ist Vitamin A auch für die Aufrechterhaltung der Struktur und Funktion der Samen- und Eileiter (beide mit Schleimhaut ausgekleidet) wichtig. Bei der Frau werden Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten mit Retinolmangel in Zusammenhang gebracht.

Immunsystem

Zum einen erhöht Retinol die Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen, da, wie bereits erwähnt, Vitamin A Haut und Schleimhäute gesund hält und somit wirkungsvolle Barrieren gegen Bakterien, Viren und Parasiten unterstützt. Des Weiteren erhöhen Retinol und Beta-Carotin Wirksamkeit und Zahl der weißen Blutkörperchen und erleichtern zusätzlich die Produktion von Antikörpern. Schon ein leichter Mangel erhöht das Risiko, an Lungenentzündung zu erkranken oder Durchfall zu bekommen, um das Zwei- bis Dreifache.

Bedarf

Der tatsächliche Tagesbedarf ist abhängig von Alter, Geschlecht und Lebensumständen. Erwachsene sollten im Durchschnitt 0,8 bis 1,0 mg (= 2.600–3.300 IE) täglich aufnehmen, wobei Männer gegenüber Frauen einen leicht erhöhten Bedarf haben. Längeres Kochen, Sauerstoff und Licht schaden Vitamin A. Deshalb sollte man Lebensmittel, die Vitamin A enthalten, immer ungeschält oder verpackt und dunkel – am besten im Kühlschrank – lagern. Die Kochverluste liegen zwischen 10 und 30 Prozent.

Mangel

Bei Mangel an Vitamin A kommt es zu erhöhter Infektionsanfälligkeit, Trockenheit der Haut, Haare, Nägel und Augen („Augendarre“), Haarausfall, Nachtblindheit, verringerter Sehschärfe, erhöhter Lichtempfindlichkeit, Keratomalazie, Eisenmangel, erhöhter Gefahr einer arteriosklerotischen Herzerkrankung, erhöhtem Krebsrisiko in Organen mit Schleimhäuten, erhöhtem Risiko für Nierensteine aufgrund erhöhter Calciumausscheidung, Fruchtbarkeitsstörungen, beeinträchtigtem Geruchssinn, Tastsinn und Appetit, Müdigkeit und Wachstumsstörungen wie z. B. Störungen des Knochenwachstums im Kindesalter.

Ursachen einer Hypovitaminose

  • Entzündungen, Operationen, aber auch Stress
  • Rauchen und ständiges Einatmen schlechter Luft
  • Umweltgifte wie z. B. Cadmium
  • Starkes Sonnenlicht (z. B. am Strand oder im Schnee), besonders bei hellhäutigen Menschen
  • Störungen der Fettresorption, meist wegen Problemen mit Leber, Gallenblase oder Bauchspeicheldrüse (z. B. bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz)
  • Etwa jeder fünfte Europäer nimmt nicht genug Retinol über die Nahrung auf. Besonders bei Kindern kann schnell eine Unterversorgung entstehen, da Kinder geringere Speichermöglichkeiten besitzen, jedoch einen hohen Bedarf haben.
  • Alkohol beeinträchtigt die Aufnahme, Speicherung und Mobilisierung
  • Diabetiker und Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion können die pflanzlichen Carotinoide nur schlecht in Vitamin A umwandeln.
  • Cholesterinsenkende Mittel und Abführmittel verschlechtern die Aufnahme
  • Bestimmte Schlafmittel verbrauchen Speichervorräte in der Leber

Die Unterversorgung mit Vitamin A (Vitamin-A-Defizienz, kurzr VAD) ist ein weit verbreitetes Problem in Entwicklungsländern. Etwa 250 Millionen Vorschulkinder leiden an VAD und jedes Jahr sterben daran etwa eine Million Kinder. Zwischen 250.000 und 500.000 Kinder erblinden zudem durch VAD und die Hälfte stirbt im darauf folgenden Jahr. Auch führt Vitamin-A-Mangel zu einer stark erhöhten Komplikationsrate bei Infektionskrankheiten wie Masern. Bei an Masern erkrankten Kindern empfiehlt die WHO eine zweimalige Gabe an Vitamin A, diese kann eine masernbedingte Erblindung oder Augenschäden verhindern, außerdem die Mortalität senken. Vitamin-A-Gaben eignen sich dagegen nicht zur Prävention der Masern.

Gegenmaßnahmen

Zur Vermeidung der Vitamin-A-Unterversorgung, wie sie vor allem als Armutsphänomen in Entwicklungsländern vorkommt, existieren mehrere Strategien:

Verteilung von Vitamintabletten: Hierbei werden typischerweise alle 6 Monate Retinoltabletten verabreicht. Das Retinol wird in der Leber gespeichert und von dort über einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten abgegeben. Diese Strategie ist kosteneffektiv, es kann jedoch Schwierigkeiten geben, große Anteile der bedürftigen Kinder zu erreichen.

Anreicherung von Lebensmitteln: Hierbei werden Lebensmittel während der Herstellung oder Verpackung mit Mikronährstoffen angereichert. In Lateinamerika konnte beispielsweise die Anreicherung von Zucker erheblich zur Bekämpfung der VAD beitragen. Allerdings ist die Anreicherung nur eine Option, wenn die Bedürftigen industriell verarbeitete Produkte konsumieren. In Afrika ist dies z. B. oft nicht der Fall.

Diversifizierung der Ernährung: Maßnahmen wie Aufklärung unter Betroffenen sollen helfen, dass mehr Vitamin-A-reiche Lebensmittel konsumiert werden, etwa aus dem eigenen Garten. Der Nachteil ist, dass die Verfügbarkeit von Vitamin-A-reichen Nahrungsmitteln häufig saisonal bedingt stark schwankt.

Biofortifikation: Hierbei wird mithilfe der Pflanzenzüchtung der Mikronährstoffgehalt von Nutzpflanzen erhöht. So wurde der Gehalt von Provitamin A, Zink oder Eisen in Grundnahrungsmitteln wie Maniok, Mais, Reis und Süßkartoffel erhöht, auch mithilfe der Gentechnik (Goldener Reis). Schätzungen zufolge ist die Kosteneffizienz der Biofortifikation in Entwicklungsländern relativ hoch.

Überversorgung

Eine (längere) Überversorgung mit Vitamin A kann im Gegensatz dazu zu Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, erhöhtem Hirndruck (Pseudotumor cerebri), Abnahme der Knochengewebsdichte (Osteoporose), Vergrößerung von Leber und Milz, Verringerung der Schilddrüsentätigkeit und schmerzhaften Wucherungen der Knochenhaut führen. Bei Gesunden, nicht Schwangeren können höhere Einmaldosen als unbedenklich angesehen werden, während wiederholt höhere Dosen die Gefahr einer Intoxikation in sich tragen. Für Tagesdosen ab 7,5 mg (= 25.000 IE) aufwärts und mehrjährige Zufuhr wurden Fälle von Leberzirrhose beschrieben, teilweise mit Todesfolge. Bei massiver Überdosierung kann es zu meist symmetrischen Zapfenepiphysen am Oberschenkelknochen kommen.

Eine Überversorgung mit Vitamin während der Schwangerschaft ist bereits bei einer tägliche Aufnahme von Vitamin A 10.000 IU bzw. 3 mg pro Tag anzunehmen, was zu kindlichen Fehlbildungen wie kraniofacialen Abnormitäten oder Herzklappenfehlern und spontanen Fehlgeburten führen kann.

Eine einzelne Studie, die teratogene Eigenschaften bei der Aufnahme von 30.000 IE Vitamin A zeigte, konnte nicht bestätigt werden. Die Sicherheit einer Dosis von 10.000 IE wurde mehrfach gezeigt. Die Empfehlung einer täglichen Dosis von 2.500 IE (0,75 mg) scheint damit gerechtfertigt.

Die frühesten Hinweise auf Hypervitaminose A wurden in Afrika an dem rund 1,7 Millionen Jahre alten, weiblichen Skelett KNM-ER 1808 eines Homo erectus entdeckt, das die für Hypervitaminose A typischen Formen von Knochenmissbildungen aufwies, verursacht vermutlich durch den Verzehr extrem großer Mengen von Leber.

Das Überangebot an Carotinen führt beim Menschen nicht zu einer Überversorgung mit Vitamin A (Hypervitaminose A), weil der Körper die Umwandlung der Carotine zu Vitamin A entsprechend herunterregelt. Ein Zuviel an Carotinen macht sich optisch als Gelbfärbung der Haut bemerkbar (Carotinämie, „Karottenikterus“), ist aber nicht behandlungsbedürftig, da keine Hypervitaminose vorliegt.